Nominierte für den ICV Controlling Excellence Award 2023 im Interview

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Merck KGaA: Enabling High-Impact Culture in Financial Steering

3 Fragen an Kathrin Montry, Senior Principal Controlling Expert und Product Owner Projekt LEAP,  Merck KGaA, Darmstadt, sowie an Alexander Lind, Leiter Group Controlling & Risk Management der Merck Group:  

1. Der Titel Ihres Projekts lautet “Enabling High-Impact Culture in Financial Steering”. High Impact Culture steht seit Ende 2021 für neue Verhaltensweisen bei Merck, „um eine Kultur zu fördern, die Großes bewegt“. Dabei geht es um Führung und Förderungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Was bewirkt dieser Ansatz für die finanzielle Steuerung?

Kathrin Montry: Die neue High-Impact Culture bei Merck fördert ein Umfeld, in dem jeder Mitarbeiter zu dem gemeinsamen Erfolg beitragen kann. Neue Verhaltensweisen bestärken uns zum Beispiel darin, auf Kunden und Patienten fokussiert zu sein, Komplexität zu reduzieren oder Dinge kontinuierlich zu verbessern. Immer mit dem Ziel vor Augen, sich auf Aufgaben und Maßnahmen mit der größten Wirkung zu konzentrieren.

Und genau dieses Verhalten wollen wir auch für unsere finanziellen Steuerung nutzen! Denn wir haben uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: “Enabling High-Impact Culture in Financial Steering”. Das setzt eine drastische Modernisierung der Finanzprozesse und -instrumente voraus. Zum Beispiel schaffen wir wesentliche Elemente der langwierigen jährlichen Bottom-up-Budgetplanung ab. Fortan entscheiden wir basierend auf kontinuierlichen Prognosen und den Prioritäten der Geschäfte, welche Maßnahmen getroffen werden müssen. Dies ermöglicht eine flexible Ressourcenzuteilung, wann immer sie benötigt wird, unabhängig von festen Budget Zeitplänen. Im Zuge dessen fördern wir die Entwicklung der Finanzabteilung hin zu einem vertrauenswürdigen strategischen Berater.

In der Umsetzung spielen unsere Verhaltens- und Arbeitsweisen eine enorm wichtige Rolle. Wir müssen bereit sein, unseren Status quo in Frage zu stellen, neue Fähigkeiten zu lernen und unternehmerisch zu denken. Damit wir Erfolg haben, brauchen wir also nicht nur die richtigen Prozesse und Instrumente wie Technologien oder Incentivierung - sondern müssen auch das richtige Mindset unserer Mitarbeiter fördern. Unsere angestrebte Kultur ist die Grundlage dafür!

2. Ist Ihr Projekt auch auf andere Unternehmen übertragbar oder steckt darin ganz viel individueller DNA-Code von Merck?

Alexander Lind: Unser Projekt basiert auf dem Beyond-Budgeting-Modell, das marktorientierte unternehmerische Zielplanung in den Vordergrund rückt, zum Beispiel durch das Entbündeln von Zielsetzung und Forecasting. Aber dadurch ist es natürlich nicht getan, auch Veränderungen der Ressourcenallokation, im Performance Management und in den Verhaltens- und Arbeitsweisen sind erforderlich.

Und genau hier kommt unsere individuelle Merck-DNA ins Spiel. Wir sind ein lebendiges Wissenschafts- und Technologieunternehmen. Wir vertrauen dem Talent und der Leidenschaft unserer neugierigen Köpfe. Deshalb gestalten wir eine Umgebung, in der sie ihr Potenzial entfalten können und so Großes bewegen können. So haben wir zum Beispiel bereits vor 4 Jahren eine Projekteinheit mit einem agilen Nukleus geschaffen. In dieser Einheit leben wir das agile Zusammenspiel von funktionaler und digitaler Expertise vor. Ohne diese Einheit wäre die agile Entwicklung unseres Projekts kaum vorstellbar. 2021 haben wir dann unternehmensweit eine neue Kultur – unsere High-Impact Culture, eingeführt. Unsere neuen Verhaltensweisen schaffen ein Umfeld, in dem jeder dazu befähigt wird, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und eine größtmögliche Wirkung zu erzielen. Dieses Jahr haben wir dann auch unseren Performance Management Prozess revolutioniert, der nun auch eine Incentivierung unserer neuen Verhaltensweisen ermöglicht. Dieses Zusammenspiel unserer Werte, Kultur und Arbeitsweisen schafft somit unsere eigene Merck-Version des Projekts.

Dazu kommt noch die Einzigartigkeit unseres Geschäfts. Durch unsere drei Geschäftsbereiche Healthcare, Life Science und Electronics mussten wir eine Lösung finden, die für gesamt Merck funktioniert, eingeschlossen unserer Zentralfunktionen. Diese erhöhte Komplexität stellt eigene Anforderungen an die Prozesse und Technologie.

3. Warum haben Sie sich für den ICV Controlling Excellence Award beworben?

Kathrin Montry und Alexander Lind: Mit unserem Projekt: “Enabling High-Impact Culture in Financial Steering” sind wir gerade dabei, unsere Finanzprozesse und -instrumente bei Merck zu revolutionieren – und wir sind stolz darauf, wie weit wir schon gekommen sind. Der ICV ist als die Controlling-Kompetenz-Adresse in Europa bekannt und der ICV Controlling Excellence Award ist ein renommierter Award in der Controlling-Community. Daher wollten wir unbedingt die Chance nutzen, uns für diesen Award zu bewerben. Aber darüber hinaus sind wir neugierig zu hören, wie andere Firmen ihre Finanzprozesse weiterentwickeln und sind gespannt auf Einblicke in die Projekte unserer Mitbewerber. Ein elementarer Bestandteil von agilen Projekten ist Feedback, daher freuen wir uns schon ganz besonders auf den fachlichen Austausch vor Ort.

Henkel AG & Co. KGaA: Digitale Roadmap für das Group Financial Controlling

Drei Fragen an Yu-Kyung Rasche, Head of Data & Analytics, Global Business Controlling | AFB bei der Henkel AG & Co. KGaA  Düsseldorf: 

1. Der Titel Ihres Projekts lautet “ Henkel AG & Co. KGaA: Digitale Roadmap für das Group Financial Controlling”. Was war aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung bei diesem Projekt – für Sie persönlich, für Ihr Team, für das Unternehmen?

Yu-Kyung Rasche: Die größte Herausforderung bei diesem Projekt war für mich persönlich der Umgang mit einer ungewissen Zielerreichung. Unsere Mission ist die digitale Transformation im Group Financial Controlling, die wir anhand von digitalen Initiativen vorantreiben. Normalerweise werden digitale Initiativen mit einer Kosten- und Nutzenschätzung zur Budgetgenehmigung eingereicht. Mit einer ungewissen Zielerreichung ist ein strikter Budgetgenehmigungsprozess jedoch schwer erfüllbar. Daher war ein Umdenken bei allen Budgetverantwortlichen, sowie eine Umstellung des Team Set-ups um ein experimentelles, innovatives Vorgehen zu unterstützen erforderlich. So etwas passiert nicht von heute auf morgen. Mit kontinuierlichen Change-Management Maßnahmen und einem neuen Team Set-up mit dedizierter Data Scientist Unterstützung haben wir jedoch die Herausforderungen gemeistert. Daraufhin konnten wir uns auf die Initiativen unserer Digitalen Roadmap fokussieren und in wenigen Monaten nutzbaren Mehrwert generieren.

Für uns als Team war die größte Herausforderung sich an den Einsatz von Data Science heranzutasten und uns nach einem Einsteiger-Pythonkurs (der WHU) einzugestehen, dass wir Data Scientists mit Erfahrung brauchen. Ein anderes Vorgehen und neue Skill-Sets waren notwendig, welche wir nicht einfach so in ein paar Wochen oder Monaten hätten anlernen können. Noch wäre es ein guter Einsatz unserer Zeit gewesen. Diese Herausforderung hat uns gelehrt wie ein neues Team Set-up als Blaupause für eine zukünftige Controlling Organisation aussehen könnte.

Aus Unternehmenssicht war die größte Herausforderung das Change Management und das Upskilling in die gesamte Finanzorganisation auszustrahlen. Wir haben das Wissen und die Übertragbarkeit einiger Initiativen in anderen Bereichen bereits breit streuen können, während dieser Schritt für andere Initiativen noch aussteht. Um neue Denkanstöße und Ansätze in anderen Bereichen entfalten zu lassen, wird Zeit für innovatives Denken benötigt. Sich diese Zeit aus einem Alltag mit brennenden anderen Themen herauszuschneiden, ist nicht in jedem Team für eine gewisse Zeit möglich.

2. Inwieweit können die digitale Roadmap und der Weg dahin auch für andere Unternehmen eine Blaupause sein?

Yu-Kyung Rasche: Unser Weg zu einer digitalen Roadmap kann als Blaupause für andere Unternehmen dienen. Wir raten zu folgenden 3 Phasen:

1. Benchmarking & Ideation – Nehmt an Veranstaltungen zu dem Thema teil (inspiriert, und bestärkt die Argumentation für Unterstützung bei Stakeholdern & führt zu Kooperationen). Tauscht euch mit Universitäten (Teilnahme an Studien z.B. Delphi Studie der WHU / Praktikumsprogrammen / Kursen etc.), anderen Unternehmen und intern mit anderen Bereichen aus.

2. Initiative prioritization – Holt euch aus euren Teams, und aus eurer Organisation Feedback wie eine gemeinsame Vision mit welchen Schwerpunkten aussieht. Diese Vision ist im Endeffekt eure Priorisierung und schafft einen persönlichen Bezug!

3. Organisational Set-up – Testet ruhig am Anfang einiges aus (wir haben einige Initiativen erst einmal im kleinen Kreis ausgetestet, um den Leistungs- & Zeitdruck rauszunehmen. Das hat enorm geholfen, um dem Team die Luft und Sicherheit zum Experimentieren und kreativ sein zu geben). Was könnt ihr selbst stemmen (z.B. Automatisierung von Prozessen mit KNIME) und wo gibt es Gaps (z.B. Data Science)? Probiert verschiedenes aus, wie ihr diese schließen könntet. Könnten Tools, wie Self-Service Tools (z.B. KNIME, Power BI) helfen? Gibt es Trainings (WHU Python Kurs für Manager, interne Upskilling Kurse, Webinars, Blogs, etc.) um aus der bestehenden Mannschaft das Gap zu schließen (nach dem Test haben wir für uns beschlossen, dass wir in dem Falle kein Upskilling im Team vornehmen wollen & eine Spezialisierung in dem Bereich notwendig ist – das ist aus unserer Sicht eher eine Vollzeitbeschäftigung)? Oder braucht ihr neuen Support, und woher könnte dieser kommen (z.B. aus der IT oder Global Business Solution Organisation – am Anfang haben wir diese Lücke durch eine interne Kooperation mit unserem Corporate Audit Team schließen können, diese Kooperation ist aus einem internen Austausch entstanden 😊 )? Welches Set-up funktioniert, und könnte zukünftig in eurer Organisation zum Standard werden?

Und abschließend können unsere digitalen Initiativen der Roadmap im Bereich Automated Reporting, Outlier Analysis, Incident-based Reporting, Predictive Forecasting und Self-Service Analytics bestimmt auch für andere Unternehmen eine Inspiration sein, um auszutesten, ob diese in ihrem Fall einen Mehrwert bringen können.

3. Warum haben Sie sich für den ICV Controlling Excellence Award beworben?

Yu-Kyung Rasche: Wir haben uns für den ICV Controlling Excellence Award beworben, weil wir auf unsere digitale Roadmap und die zahlreichen, wertvollen Erkenntnisse auf dem Weg dahin sehr stolz sind und diese mit anderen Unternehmen auf diesem Wege teilen wollten. Der Internationale Controller Verein bietet ein spezialisiertes Forum, welches perfekt dafür geeignet ist solche „Lessons Learned“ im Controlling zu teilen, um andere Unternehmen zu inspirieren, und sich unter Gleichgesinnten auszutauschen. Genau solche inspirierenden Beiträge und Austausche haben uns bereichert, um unsere digitale Roadmap voranzutreiben. Wir glauben, dass das Teilen unseres Wissens mit anderen Unternehmen bereichernd und befruchtend ist und sind sehr froh, dass wir einen Beitrag leisten können.